Organische Architektur

Nur Holz und Naturstein prägen das Bild dieser Schwimmhalle, die nach den Regeln der Organischen Architektur erstellt wurde.

Bereits der Vater hatte in den 70-er Jahren den damaligen Bauherren eine interessante Villa auf das großzügige Anwesen gebaut. Aber nicht irgendeine, sondern das Wohnhaus sollte nach den Regeln der so genannten „Organischen Architektur“ erstellt werden.

Das Haus fügt sich nahtlos in das leicht wellige Grundstück ein, das von außen uneinsehbar ist und außerdem von einem Teich und einem kleinen Wald abgeschirmt wird.

Nur wenige Materialien, wie Holz und Naturstein, beherrschen das Bild. Eine abgeschiedene Idylle am Rande einer Großstadt.

Schwimmhalle nach den Regeln der Organischen Architektur
Nur Holz und Naturstein prägen das Bild einer Schwimmhalle, die nach den Regeln der Organischen Architektur erstellt wurde.

Vor fünf Jahren zogen neue Eigentümer ein, und den Auftrag, eine Schwimmhalle ans Wohnhaus zu bauen, ging wiederum an Niemeyer-Architekten in Ebersbach.

Der Sohn Heitho Niemeyer passte in Zusammenarbeit mit seinem Vater den Anbau so perfekt ans Wohnhaus an, dass ein Übergang zwischen den unterschiedlichen Nutzungsbereichen kaum sichtbar ist.

Niemeyer: „Das System der Organischen Architektur, bei der das Rasterprinzip herrscht, machte es leicht, einen Anbau zu entwerfen, der die Architektur des Hauses fortsetzt.“

Auch im Innern des Gebäudes galt es, eine Atmosphäre zu schaffen, die nicht an eine Schwimmhalle erinnert, sondern an einen Ort zum Wohnen, erfüllt durch die Themen Wasser, Stein und Licht.

Zwischen Wohnhaus und Garagen war genügend Platz, um den Schwimmhallenanbau zu realisieren, „auch wenn“, so Niemeyer, „keine Bäume dem Bauvorhaben geopfert werden durften.“

Der erste Bereich, der den Altbau mit dem Neubau verbindet, ist zweigeschossig angelegt.

Im Obergeschoss ist das neue Badezimmer untergebracht, mit einer großen Rundwanne aus Kirschholz und einer hinterleuchteten Onyxwand. Im Untergeschoss als Durchgang zur Schwimmhalle fand der Fitnessbereich Platz.

Schwimmhalle mit Wintergarten
Der Naturstein mit dem integrierten Kamin grenzt die eigentliche Schwimmhalle von dem Wintergarten ab.

Im Mittelteil des Anbaus und als Kernstück der Anlage befindet sich das Schwimmbad, ein Betonbecken, dessen Wände beschichtet ist und mit hartem Sandstein ausgekleidet sind. Der Boden ist gespachtelt.

Von fünf Natursteinpfeilern wird das Dach getragen und durch einen Glasschlitz vom Becken abgesetzt.

In seinem First sind rautenförmige Lichtöffnungen geschnitten. Diese erlauben, je nach Sonnenstand, unterschiedliche Lichtspiele im Raum, und der natürliche Tageslichtablauf wird so voll erlebbar.

Das Becken schließt mit einem Natursteinkern ab, der als Kamin gestaltet und auch benutzbar ist, der die Ablufttechnik aufnimmt und gleichzeitig als statischer Hauptpfeiler für die anschließenden Dächer dient.

Kamin in der Schwimmhalle
Der Kamin ist ein absoluter Blickfang in einem außergewöhnlichen Bauwerk mit einem Pool der Extraklasse.

In diesem Bereich wurde der Beckenkörper geöffnet und ein freier Überlauf angelegt. Von hier aus läuft das Wasser in den darunter liegenden Schwallbehälter.

So entsteht, optisch gesehen, ein Bachauslauf und eine Achse hinüber zu dem Wintergarten, dem dritten Teil des Gebäudes, in dem der Ruhebereich und eine Tellerdusche untergebracht sind.

Der leicht ins Becken neigende Randbereich wird flach vom Wasser überspült und dient gleichzeitig als Wellenbrecher. Der Duschbereich ist zusätzlich durch eine Natursteinmauer vom übrigen Raum abgetrennt.

Grundriss
Der Ausbau ist vom Wohnhaus optisch nicht zu unterscheiden. Beide Bereiche gehen nahtlos ineinander über.

Die Dächer gruppieren sich um den Natursteinkern herum und bilden eine Art Zeitstruktur mit dem Kamin als Feuerstelle in der Mitte.

Das Dach ist übrigens grasbedeckt, so dass das Gebäude zeitlos wirkt und sich scheinbar den Jahreszeiten anpasst.

Es wurden für alle Oberflächen, also auch im Pool, nur natürliche Materialien eingesetzt. „Sandstein und Chlorwasser“, erinnert sich Niemeyer, „davor schrecken viele Poolbauer zurück.“

In diesem und auch in anderen Berei­chen hatte sich die Technik dem Entwurf des Architekten unterzuordnen. So durfte nichts davon zu sehen sein.

Den Auftrag erhielt schließlich die Firma Esslinger Schwimmbecken, die schon ein paar Mal mit dem Büro Niemeyer-Architekten zusammengearbeitet hatte. Richard Majer von der bsw-Mitgliedsfirma Esslinger Schwimmbecken verstand es, seine Einbauteile unsichtbar zu machen.

Das Becken, das 4,43 m breit ist und von Spitze zu Spitze 13,85 m misst, ist auf drei Ebenen an­gelegt und im hinteren Teil immerhin 1,80 m tief.

Einstiegstreppe
Die Einstiegstreppe aus Natursteinplatten zeigt die Handschrift des Architekten mit viel Liebe zum Detail.

Majer: „Auf der Längsseite sind acht Einströmdüsen verteilt. Auf der gleichen Seite befindet sich auch die Überlaufrinne, die durch Natursteinplatten verdeckt wurde. Gegenüber befindet sich nichts als die nackte mit Sandsteinen verkleidete Wand.“

Auf Unterwasserscheinwerfer musste verzichtet werden. Dafür sorgen LED-Lichtbänder mit Farbwechselspielen für die Illumination des Wassers.

Auch die Luftführung in der Schwimmhalle war nur mit einigen Tricks zu bewältigen. So wird die Abluft über den Kamin abgezogen und die Außenluft durch verborgene Schlitze im oberen Teil des Raumes angesaugt. Hinter den Sitzbänken mit beheizbaren und beleuchteten Glasscheiben befinden sich die Luftaustrittsschlitze.

Was die Wasseraufbereitung betrifft, so griff der Architekt auf Ospa-Technik zurück. In der Schwimmhalle sichtbar befindet sich nur die „BlueControl“-Steuerung, mit der die Bauherren alle Wasserwerte per Fingertipp abrufen und bei Bedarf ändern können.

Abstieg zum Technikraum
Mehr als eine Klappe ist nicht zu sehen: Der Abgang zum Technikraum wurde geschickt durch eine motorisch zu betätigende Liege verdeckt.

Die komplette Technik wirkt im Verborgenen. Der Abgang zum Technikraum ist durch eine motorisch zu öffnende Liege verdeckt.

Einmal abgestiegen findet man die Schwimmbadtechnik sauber aufgestellt vor: Ospa-Technik mit Superfilter und Chlorozongerät sowie eine Menerga-Klimaanlage.

Schwimmbadtechnik

Die Filteranlage, erläutert Richard Majer, ist mit 16 cbm für einen Privatpool sehr großzügig dimensioniert. Dies war aber notwendig, um einen einwandfreien Überlauf des Wassers im Strandbereich zu ermöglichen.

„Von außen hat man den Eindruck“, zeigt Architekt Niemeyer stolz auf sein Werk, „es handele sich um ein Gebäude, das nicht erst gerade fertig gestellt wurde, sondern bereits seit Jahren in diesem Park steht. Es ist interessant zu sehen, wie sich das Gebäude der Umgebung und den Jahreszeiten anpasst. Bauen im Einklang mit der Natur – hier ist es umgesetzt.“

Dieser Artikel ist in Ausgabe 40 des pool Magazins erschienen.

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