Schwimmen wie im Meer

In Herstellerbroschüren findet man häufig Schlagworte wie „Natürliche Desinfektion des Schwimmbeckenwassers“ oder „Desinfektion auf Basis von Salzen“. Welche Methoden sind damit gemeint und wie funktionieren sie?

Elektrolyseanlagen zur Desinfektion des Schwimmbeckenwassers sind sehr im Trend. Dies nicht zuletzt, da diese Verfahren tatsächlich überwiegend mit dem völlig ungefährlichen „Kochsalz“ betrieben werden. Der Entfall von Transport, Lagerung und Handhabung von Chlorprodukten (gasförmig, flüssig oder fest) ist für viele Schwimmbadbesitzer ein gewichtiges Argument. Welche Variante letztendlich bevorzugt wird, liegt einerseits beim Kundenwunsch selbst, aber auch bei der Beratung durch ein Schwimmbadbaufachunternehmen.
Zudem hat sich die Bedienung der Elektrolyseanlagen vereinfacht. Manche Geräte zeigen beispielsweise schon frühzeitig an, ob eine Wartung erforderlich ist, sodass ein reibungsloser Betrieb sichergestellt werden kann. Das Argument der Betriebskosten spielt eine sehr große Rolle. Denn trotz der etwas höheren Investition in eine solche Anlage, können sich über die Betriebskosten (Salz, Wasser, Strom und Wartung) auch bei kleineren Anlagen bereits günstige Amortisationszeiten ergeben.

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Wenn von Salzen im Schwimmbeckenwasser die Rede ist, spricht man von Natriumchlorid (chem. NaCl, auch bekannt als Kochsalz). Natriumchlorid ist beispielsweise auch im Meerwasser das ausschlaggebende Salz. Der durchschnittliche Salzgehalt im Meerwasser beträgt etwa 3,5 Prozent (entspricht 35 Gramm Salz je Liter Wasser), wobei der Anteil von Natriumchlorid dabei rund 90 Prozent beträgt. Werden in eine Natriumchloridlösung zwei Elektroden eingetaucht und daran eine Gleichspannung angelegt, wird das Natriumchlorid entsprechend der Ladung aufgespalten. Diesen Vorgang nennt man Elektrolyse (griech.: mittels Elektrizität trennen). Die positiv geladenen Natriumionen Na+ (Kationen) wandern zur negativen Elektrode (Kathode) und die negativ geladenen Chlorid­ionen Cl- (Anionen) wandern zur positiv geladenen Elektrode (Anode). Auch das Wassermolekül H2O wird entsprechend elektrolytisch aufgespalten – in H+- und OH-Ionen. Aus diesen entstehenden Elektrolyseprodukten wird nun je nach Verfahrensvariante das eigentliche Desinfektionsmittel – freies wirksames Chlor (chem. HClO, hypochlorige Säure) – erzeugt und dem Schwimmbeckenwasser zugegeben. Dieser Schritt kann direkt oder aber auch indirekt erfolgen. Denn bei der Elektrolyse von Natriumchloridlösungen entstehen je nach Verfahrensvariante im entsprechenden chemischen Verhältnis auch Natronlauge (NaOH), Salzsäure (HCl) und Wasserstoff (H2). Der prozessbedingt entstehende Wasserstoff muss dabei verdünnt ins Freie abgeleitet werden. Dies geschieht entweder über eine manuelle Abführung bei kleineren Mengen oder mittels eines geeigneten Ventilators. Die gängigsten Verfahrensvarianten werden im Folgenden erläutert:

1. Herstellung von Natriumhypochlorit­lösung mittels Elektrolyse vor Ort

Die entstehende hypochlorige Säure sowie die Natronlauge werden nach der Elektrolysezelle in eine Vermischungseinrichtung geführt und reagieren dort zu einer dünnen Natriumhypochloritlösung (chem. NaClO, häufig auch als Chlorbleichlauge bezeichnet). Die Natriumhypochloritlösung wird in einem separaten Kunststoffbehälter zwischengelagert und von dort mittels einer Dosierpumpe nach Bedarf dem Filtrat zudosiert. Je nach Anlagenleistung und Behältergröße kann dabei für eine gewisse Zeit eine Bevorratung erfolgen. Zudem besteht die Möglichkeit, durch weitere Dosierpumpen auch mehrere Becken gleichzeitig zu bedienen. Aufgrund der Alkalität von Natriumhypochlorit ist eine pH-Wert-Korrektur deshalb notwendig und empfehlenswert.

2. Herstellung von hypo­chlo­riger Säure am Verwendungsort durch Natrium­chloridlösung

Ausgehend von den erzeugten Elektrolyseprodukten Chlor und Natronlauge werden diese getrennt abgeführt. Während das Chlor ohne Zwischenlagerung mit Wasser zu hypochloriger Säure reagiert und dem Filtrat zudosiert wird, muss die Natronlauge in einem separaten Behälter aufgefangen und zwischengelagert werden. Bei diesem Verfahren erfolgt keine Bevorratung von chlorhaltigen Produkten.
Die Anlagenleistung muss dem maximal möglichen Bedarf entsprechend ausgelegt werden.
Die bevorratete Natronlauge kann je nach Reinheit entweder zur pH-Wert-Korrektur. verwendet oder aber mit ausreichend Wasser verdünnt abgeführt werden. Die bei der Einmischung von Chlor in Wasser entstehende Salzsäure muss dabei neutralisiert werden. Dies kann durch einen im Elektrolysegerät integrierten Marmorkiesbehälter erfolgen oder aber durch die automatische pH-Wert-Korrektur.

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3. Herstellung von hypo­chlo­riger Säure am Verwendungsort durch Salzsäure

Das Ausgangsprodukt ist eine dünne Salzsäure, die in der Elektrolysezelle aufgespalten und daraus unterchlorige Säure erzeugt wird. Diese wird wie beim vorangegangenen Verfahren ohne Zwischenlagerung dem Filtrat zudosiert. Aufgrund des fehlenden Natriums entsteht hierbei eine hochreine hypochlorige Säure zur Badewasserdesinfektion. Als Nebenprodukt entsteht eine dünne Absäure, die in gewissen Abständen manuell oder automatisch verdünnt abgeleitet werden muss.
Aufgrund des hohen Säureanteils wird die Kalkabscheidung an den Elektroden verringert. Je nach Wasserhärte und Füllwasser-pH-Wert kann bei diesem Verfahren auf eine zusätzliche pH-Absenkung verzichtet werden. Eine pH-Dosieranlage zur Anhebung des pH-Wertes und Stabilisierung der Säurekapazität ist jedoch empfehlenswert. Bei den bisher genannten Verfahren spricht man auch von den indirekten Elektrolyseverfahren. Gekennzeichnet sind diese vor allem dadurch, dass das entstehende Desinfektionsmittel über eine separate Dosiereinrichtung (ob Dosierpumpe oder Injektorprinzip) dem Filtrat zugemischt wird und die Elektrolyse nicht direkt im Umwälzstrom stattfindet.
Die indirekten Elektrolyseverfahren werden überwiegend mit Elektrolysezellen ausgerüstet, deren Elektroden (Anode und Kathode) mittels Membranen voneinander getrennt sind. Man spricht dann auch von der Mem­branelektrolyse oder Membranzellenelektrolyse. Diese Membran trennt die beiden Elektroden insofern, als dass die Selektivität und damit schließlich der Wirkungsgrad der Anlage erhöht wird. Damit Härtebildner wie
Calcium oder Magnesium die Membranen nicht belegen, werden bei Membranverfahren Enthärtungsanlagen benötigt, die entweder extern angeschlossen oder in der Elektrolyse­anlage bereits integriert sind.

4. Herstellung von hypo­chlo­riger Säure mittels Elektro­lyse im salzhaltigen Filtrat

Bei diesem Verfahren handelt es sich um ein direktes Verfahren. Dabei wird der Salzgehalt des kompletten Beckenwasser bzw. im gesamten Kreislauf durch manuelle oder automatische Zugabe von Salz angehoben. Die Konzentration beträgt je nach Herstellerangaben etwa 0,2–0,5 Prozent (entsprechend 2–5 Milligramm Salz je 1 Liter Wasser).
Die Elektrolysezelle wird direkt in die Filtratleitung installiert und vollständig oder im Teilstrom durchströmt. Dabei bildet sich an der Anode Chlor, welches im Wasser zu hypochloriger Säure und Salzsäure reagiert und sich damit direkt im Filtrat ohne weitere Dosiereinrichtungen befindet. Wichtig bei diesem Verfahren ist, dass aufgrund des dauerhaft hohen Salzgehaltes sämtliche verwendeten Werkstoffe im Schwimmbecken, der Anlagentechnik, aber auch in der Schwimmhallenkonstruktion (sofern überdachtes Schwimm­becken) in entsprechend beständiger Qualität ausgewählt werden. Damit eine ausreichende Desinfektionskapazität vorhanden ist, muss regelmäßig der Salzgehalt überprüft und angepasst werden, da aufgrund der Filterspülung mit Beckenwasser und Nachspeisung mit Trinkwasser der Salzgehalt verringert wird.
Der Einfluss der Härtebildner ist auch bei diesem Verfahren zu bemerken. Deswegen müssen die Elektroden in regelmäßigen Abständen gespült und/oder durch eine elektrische Umpolung einem zu starken Belag vorgebeugt werden. Die Hersteller der Elektrolyseanlagen machen je nach Verfahren Angaben zur Mindestqualität des Salzes. Diese Angaben sollten in jedem Falle beachtet werden, da durch unterschiedliche Zusammensetzungen und Nebenbestandteile in den Salzen der Wirkungsgrad der Elektrolyseleistung abnehmen und zudem eine häufigere Reinigung und Wartung mit einhergehen kann.
Ein Hinweis noch zur pH-Wert-Korrektur: Generelle Aussagen, ob und in welcher Höhe eine pH-Wert-Korrektur erforderlich ist, lassen sich bei den unterschiedlichen Elektrolyseverfahren nicht machen. Der Einfluss der jeweiligen Säurekapazität und des pH-Wertes im Füllwasser sowie die Beckenbelastung geben neben dem verwendeten Elektrolyseverfahren den Ausschlag. In diesem Falle hat die Beratung durch das Schwimmbadfachunternehmen entsprechend fachkundig zu erfolgen.

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Dieser Artikel ist in Ausgabe 61 des pool Magazins erschienen.

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