Die russische Kultur des Schwitzens

Der Besuch der Banja ist ein Ritual. Dort finden bis heute auch wichtige Gespräche und politische Besprechungen statt.

„Feuer sprühe, Ofen glühe, um zu schwitzen, bleib hier sitzen“ ist in die Balken des tonnenschweren Hühnerfußhäuschens der Hexe Babajaga geschnitzt. Die Sauna im Stil altrussischer Baukunst steht nur auf einem Mittelfuß, der mit Baumwurzeln verkleidet wurde.

Seinen Ursprung hat sie im Ural: Die Überschwemmungen des Flusses Kostroma hatten dazu geführt, dass man die Häuser auf Pfähle setzte. Da diese Banjas dem Hühnerfußhäuschen der russischen Märchenhexe Babajaga sehr ähneln, nannte man sie „Hühnerfußbanjas“. Wer Sauna und Dampfbad liebt und die russische Kultur des Schwitzens kennenlernen möchte, sollte einen Besuch in der Banja nicht versäumen.

Der Besuch ist ein Ritual

Die Banja in Russland als schlichte Sauna zu bezeichnen, wird ihrer Funktion nicht gerecht. Sie ist ein Dampfbad mit extrem hoher Luftfeuchtigkeit. Die Holzhäuser aus roh behauenem Kiefern- und Pappelholz, deren Zwischenräume mit Moos ausgestopft sind, waren auf den Dörfern und Bauernhöfen oft die einzige Waschgelegenheit. Der Besuch der Banja ist ein Ritual, das viel mit Emotionen zu tun hat.

Die meisten Badehäuser befanden sich früher an Flüssen oder Seen, so dass man nach dem Schwitzen direkt ins kalte Wasser springen oder sich im Schnee wälzen konnte. Heute ist das meist nur noch in ländlichen Gegenden möglich. In den öffentlichen Banjas der großen Städte müssen die Gäste mit einem Wasserbecken vorlieb nehmen. Bis heute besuchen die Russen die Banja entweder im Kreise der Familie oder strikt nach Geschlechtern getrennt.

Früher wurden die Badehäuser von einem Bantschschik („Banjameister“) betrieben, den man fürs Einheizen bezahlte. Zwischen den Gängen wurde reichlich gegessen und getrunken. Die Russen sind übrigens – wie die Finnen – davon überzeugt, dass ihre Art des Schwitzens jeweils die gesündere sei. Wer Recht hat, kann nicht eindeutig geklärt werden.

Birkenzweigbündel gehören dazu

Das russische Dampfbad unterscheidet sich von der finnischen Sauna dadurch, dass im Schwitzraum eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit herrscht. Die Temperaturen liegen zwischen 70 und 80 °C. Traditionell benutzt man Öfen mit glühenden Steinen, die mit reichlich Wasser begossen werden, welches sofort verdampft und die Luft bis zur Nebelbildung anfeuchtet.

Sauna
Foto: (C) Fotolia

Daher erfordert die russische Banja eine gute bis sehr gute Kondition. Oft werden dem Aufgusswasser Kräuteressenzen beigegeben. Auch Einreibungen mit Salz und Honig sind üblich. Nach alter russischer Tradition klopft man sich danach vorsichtig mit Weniks ab – in warmes Wasser getauchte, getrocknete Birkenzweigbündel.

Die Wenikszeremonie war schon für die russischen Zaren ein genussvolles Ritual der Reinigung und Verjüngung. Durch das Abschlagen wird die schweißtreibende Wirkung des Dampfbades erheblich intensiviert, der Kreislauf angeregt und die Durchblutung der Haut verbessert. Birke wirkt entzündungshemmend, reinigend und soll eine optimistische Stimmung hervorrufen.

Zwischen den Weniksbehandlungen kühlen sich die Badenden immer wieder draußen ab. Um eine Banja zu erleben, muss man aber nicht nach Russland reisen. Eine russisch-karelische Wellnesslandschaft bieten beispielsweise die Badegärten Eibenstock im sächsischen Erzgebirge. Dort herrschen Magie und Mystik vor: „Bei uns ist es ein bisschen finster – russisch eben“, sagt augenzwinkernd Geschäftsführer Hendrik Pötter.

Dieser Artikel ist in Ausgabe 41 des pool Magazins erschienen.

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